Documents L2 Cours 9

Jung und Alt unter einem Dach
Lesen Sie, was unsere Leser zu diesem Thema schreiben


Wir wohnen seit vier Jahren mit meiner Mutter zusammen, weil mein Vater gestorben ist. Sie kann sich überhaupt nicht mehr anziehen und ausziehen, ich muss sie waschen und ihr das Essen bringen. Deshalb musste ich vor zwei Jahren aufhören zu arbeiten. Ich habe oft Streit mit meinem Mann, weil er sich jeden Tag über Mutter ärgert. Wir möchten sie schon lange in ein Altersheim bringen, aber wir finden keinen Platz für sie. Ich glaube, unsere Ehe ist bald kaputt.
Eva Simmet, 32 Jahre

Viele alte Leute sind enttäuscht, wenn sie alt sind und allein bleiben müssen. Muss man seinen Eltern nicht danken für alles, was sie getan haben? Manche Familien wären glücklich, wenn sie noch Großeltern hätten. Die alten Leute können im Haus und im Garten arbeiten, den Kindern bei den Schulaufgaben helfen, ihnen Märchen erzählen oder mit ihnen ins Kino oder in den Zoo gehen. Die Kinder freuen sich darüber und die Eltern haben dann auch mal Zeit für sich selber.
Irene Kahl, 35 Jahre

Wir freuen uns, dass wir mit den Großeltern zusammen wohnen können. Unsere Kinder wären sehr traurig, wenn Oma und Opa nicht mehr da wären. Und die Großeltern fühlen sich durch die Kinder wieder jung. Natürlich gibt es auch manchmal Probleme, aber wir würden die Eltern nie ins Altersheim schicken. Sie gehören doch zu uns. Die alten Leute, die im Altersheim leben müssen, sind oft so unglücklich, weil niemand sie besucht und niemand ihnen zuhört, wenn sie Probleme haben.
Franz Meuler, 42 Jahre

Seit meine Frau tot ist, lebe ich ganz allein. Ich möchte auch gar nicht bei meiner Tochter in Stuttgart wohnen; ich würde sie und ihre Familie nur stören. Zum Glück kann ich mir noch ganz gut helfen. Ich wasche mir meine Wäsche, gehe einkaufen und koche mir mein Essen. Natürlich bin ich viel allein, aber ich will mich nicht beschweren. Meine Tochter schreibt mir oft Briefe und besucht mich, wenn sie Zeit hat. Ich wünsche mir nur, dass ich gesund bleibe und nie ins Altersheim muss.
Wilhelm Preuß, 74 Jahre

Fragen: Wie lautet das Thema? Was meinen diese vier Personen über dieses Thema? Was meinen Sie persönlich dazu?

 

Endlich ist mein Mann zu Hause

Herr Bauer, 64, war Möbelschreiner.
Vor einem Jahr ist er in Rente gegangen. Was tut ein Mann, wenn er endlich nicht mehr arbeiten muss? Er wird Chef im Haus, wo vorher die Frau regierte. Wie das aussieht, erzählt (nicht ganz ernst) Frau Bauer.

So lebte ich, bevor mein Mann Rentner wurde:
Neben dem Haushalt hatte ich viel Zeit zum Lesen, Klavier spielen und für alle anderen Dinge, die Spaß machen. Mit meinem alten Auto (extra für mich) fühlte ich mich frei. Ich konnte damit schnell ins Schwimmbad, in die Stadt zum Einkaufen oder zu einer Freundin fahren.
Heute ist das alles anders: Wir haben natürlich nur noch ein Auto. Denn mein Mann meint, wir müssen jetzt sparen, weil wir weniger Geld haben. Deshalb bleibt das Auto auch meistens in der Garage. Meine Einkäufe mache ich jetzt mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Ziemlich anstrengend, finde ich. Aber gesund, meint mein Mann. In der Küche muss ich mich beeilen, weil das Mittagessen um 12 Uhr fertig sein muss. Ich habe nur noch selten Zeit morgens die Zeitung zu lesen. Das macht jetzt mein Mann. Während er schläft, backe ich nach dem Mittagessen noch einen Kuchen (mein Mann findet den Kuchen aus der Bäckerei zu teuer) und räume die Küche auf.
Weil ihm als Rentner seine Arbeit fehlt, sucht er jetzt immer welche. Er schneidet die Anzeigen der Supermärkte aus der Zeitung aus und schreibt auf einen Zettel, wo ich was am billigsten kaufen kann. Und als alter Handwerker repariert er natürlich ständig etwas: Letzte Woche einen alten Elektroofen und fünf Steckdosen. Oder er arbeitet im Hof und baut Holzregale für das Gästezimmer unter dem Dach. Ich finde das eigentlich ganz gut. Aber leider braucht er wie in seinem alten Beruf einen Assistenten, der tun muss, was er sagt. Dieser Assistent bin jetzt ich. Den ganzen Tag höre ich: "Wo ist . . .?", "Wo hast du . ..?", "Komm doch mal!", "Wo bist du denn?" Immer muss ich etwas für ihn tun. Eine Arbeit muss der Rentner haben!


Frage : Warum ist Frau Bauer nicht so froh, seit ihr Mann Rentner ist?

DIE EISERNEN

Viele Paare feiern nach 25 Ehejahren die "silberne Hochzeit", nur noch wenige nach 50 Jahren die "goldene Hochzeit". Und ganz wenige Glückliche können nach 65 gemeinsam erlebten Jahren die "eiserne Hochzeit" feiern. Unser Reporter hat drei "eiserne Paare" besucht und mit ihnen gesprochen.

"Liebe Ilona! Glaube mir, ich liebe immer nur Dich. Dein Xaver." Das hat Xaver Dengler vor langer Zeit seiner späteren Frau auf einer Postkarte geschrieben. Die "Liebe für immer" haben schon viele Männer versprochen, aber Xaver Dengler ist nach 70 Jahren wirklich noch mit seiner Ilona zusammen. Sie sitzen in ihrer Dreizimmerwohnung und lesen ihre alten Liebesbriefe. "Ich hätte keinen anderen Mann geheiratet", sagt Ilona. "Und ich keine andere Frau", sagt Xaver. Als sie sich kennen lernten, war sie 14 Jahre alt und er 18. "Das war so", erzählt Frau Dengler, "meine Schwester und ich konnten schön singen. Wir haben im Garten vor unserem Haus gesessen. Da ist der Xaver mit einem Freund vorbeigekommen. Sie haben zugehört, wie wir gesungen haben, und dann haben sie gefragt, ob sie sich zu uns setzen dürfen. So hat alles angefangen." "Ja, das ist wahr", sagt er und lacht, "aber mich habt ihr nie mitsingen lassen."
Als sie 1916 heirateten, war das erste Kind schon da. "Die Leute im Dorf haben natürlich geredet, aber meine Familie hat es Gott sei Dank akzeptiert. Es war damals Krieg. Wir mussten warten, bis Xaver Heiratsurlaub bekam", erzählt Frau Dengler. "Ganz so ungewöhnlich war das damals wohl nicht", meint Herr Dengler. "Die Leute haben es schon verstanden. Nur, geredet haben sie trotzdem."
70 gemeinsame Jahre - waren Ilona und Xaver das ideale Ehepaar? Eine Traumehe war es wohl nicht. "Er ist jeden Sonntag in die Berge zum Wandern gegangen und ich war allein zu Hause mit den Kindern. Beim Wandern waren auch Mädchen dabei, das habe ich gewusst. Da habe ich mich manchmal geärgert. Ob er eine Freundin hatte, weiß ich nicht. Ich habe ihn nie gefragt." Xaver: "Ich hätte es dir auch nicht gesagt. Aber wir beide haben uns doch immer gern gehabt." Streit haben sie nie gehabt, sagen Xaver und Ilona. Nur einmal, aber das war schnell vorbei. "Ja, du warst immer ein guter Mann, Xaver", sagt Ilona. Was kann man sich noch erzählen, wenn man schon 65 Jahre verheiratet ist? Für die Denglers ist das offenbar kein Problem. Ihre Tochter, die bei ihnen wohnt, hört die alten Leute im Bett oft noch stundenlang reden.

" Bei uns kann man wirklich sagen, es war Liebe auf den ersten Blick", meint Heinrich Rose. Als er und seine spätere Frau Margarethe sich im Jahr 1921 verlobten, war er noch Student. Zwei Jahre später, bei der Hochzeit, arbeitete er schon als Jurist.
So gut er kann, hilft der 88jährige seiner 87jährigen Frau im Haushalt. Seine Liebeserklärung heute: "Ich würd' dich noch mal heiraten, bestimmt . .." Die längste Zeit der Trennung in über 60 Ehejahren? "Sieben Tage warst du einmal allein verreist", sagt sie, "eine schreckliche Woche!"

In einem Hamburger ‚,Tanzsalon" haben sie sich 1910 kennen gelernt und noch vor dem ersten Weltkrieg geheiratet: Marianna und Adolf Jancik. Als Schlosser hatte er damals einen Wochenlohn von 38 Mark. "Wenn du deine Arbeit hast, dein Essen und Trinken: Was soll da schwierig sein", sagt der 93jährige im Rückblick auf seine lange Ehe. Seine 90-jährige Frau ist stolz auf ihren Eherekord: "70 Jahre lang jeden Tag Essen kochen - das soll mir erst einer nachmachen!"


Fragen: Was halten diese drei Paare von ihrer langen Ehe? Würden Sie persönlich gern so lange mit jemandem leben? Warum (nicht)?